Interkulturelle Trainings neu denken: Die Triade aus Skills, Whiteness-Analyse und Länderwissen als Schlüssel zu macht-sensibler Zusammenarbeit

Ein interkulturelles Training, das gebucht, durchgeführt und anschließend auf der To-do-Liste abgehakt wird.

Doch in vielen Workshops zeigt sich sehr schnell: Das eigentliche Problem liegt tiefer. Es geht nicht um „falsche Gesten“ oder „missverstandene Höflichkeitsregeln“. Es geht um Critical Whiteness, Privilegien und die nachwirkende“racial“ Hierarchie, die das Verhältnis zwischen Nord und Süd strukturiert.

Warum die schnelle Abwehr?

Immer wieder stelle ich fest, dass Organisationen mit Nachdruck betonen, es handle sich nicht um Rassismus, sondern um „interkulturelle Reibungen“. Diese Abwehrhaltung hat Gründe:

  • Rassismus wird als persönlicher Vorwurf verstanden, nicht als strukturelle Realität.
  • „Kultur“ hingegen gilt als neutrale, unverfängliche Erklärung.
  • Die Machtfrage wer definiert, wer entscheidet, wer profitiert bleibt dadurch im Hintergrund.

So bequem diese Erklärung zunächst erscheinen mag: Sie verhindert eine ehrliche Analyse der ungleichen Rahmenbedingungen und damit auch eine nachhaltige Lösung.

Die Triade als Weg aus der Sackgasse

Um blinde Flecken zu schließen, braucht es mehr als klassische interkulturelle Trainings. Drei Dimensionen sind unverzichtbar:

👉 Interkulturelle Skills ohne Whiteness-Bewusstsein = höflicher Rassismus.
Probleme werden „kulturell“ erklärt, während strukturelle Machtverhältnisse unsichtbar bleiben. Das Ergebnis: freundliche Zusammenarbeit auf der Oberfläche, bei gleichzeitiger Fortsetzung kolonialer Muster.

👉 Whiteness-Analyse ohne Länderexpertise = abstrakt, nicht praktikabel.
Theorien über Macht und Privilegien sind wertvoll, bleiben aber wirkungslos, wenn sie nicht mit den historischen und politischen Realitäten vor Ort verbunden werden.

👉 Länderanalyse ohne beides = Exotisierung oder Tokenismus.
Wer nur auf Landeskunde setzt, beschreibt „die Anderen“, ohne Macht zu hinterfragen. Das führt zu bunten Diversity-Broschüren – aber zu unveränderten Entscheidungsstrukturen.

Was bedeutet das für internationale Teams?

Ein zukunftsfähiger Ansatz erfordert:

  1. Interkulturelle Kompetenz als Basis für respektvolle Kommunikation.
  2. Critical Whiteness als Analyseinstrument, um Machtasymmetrien zu erkennen.
  3. Länderspezifisches Wissen, um die Reflexion in konkrete Kontexte einzubetten.

Nur die Verbindung dieser drei Dimensionen schafft die Grundlage für macht-sensible, partnerschaftliche und glaubwürdige Zusammenarbeit.

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Organisationen, die weiterhin ausschließlich auf klassische interkulturelle Trainings setzen, bleiben in einer Komfortzone. Sie können Missverständnisse glätten – aber nicht die Ursachen struktureller Konflikte überwinden.

Die Zukunft gehört Trainings, die Whiteness, Interkultur und Länderexpertise zusammendenken. Sie ermöglichen nicht nur eine bessere Zusammenarbeit, sondern auch das, was Partner im Globalen Süden seit Langem einfordern: Anerkennung, Respekt und echte Augenhöhe.

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