Weißer Individualismus, Selbstzentrierung und die Unfähigkeit, über Rassismus zu sprechen

sondern Ausdruck eines tief verankerten kolonial geprägten Individualismus und einer damit verbundenen Selbstzentrierung. In kritischer Weißseinsforschung wird dieses Muster seit langem beschrieben. Es wirkt wie ein Abwehrreflex, der die Relevanz von Rassismus relativiert und die Perspektiven von Betroffenen zum Schweigen bringt.

Begriffe klar definiert

  • Individualismus
    Ein kulturelles Denkmuster, das das „Ich“ über das „Wir“ stellt. In weißen westlichen Gesellschaften bedeutet das: persönliche Freiheit und Empfindungen werden höher gewichtet als kollektive Verantwortung. In Diskussionen über Rassismus führt das dazu, dass viele Weiße sagen: „Ich persönlich habe nie…“, anstatt strukturelle Zusammenhänge anzuerkennen.
  • Selbstzentrierung (Self-Centering)
    Ein Verhalten, bei dem eine Person das Thema von kollektiven Erfahrungen zurück auf sich selbst lenkt. Beispiel: Statt über institutionellen Rassismus zu sprechen, sagt jemand: „Ich fühle mich gerade angegriffen.“ Damit wird die eigene Befindlichkeit wichtiger gemacht als die Realität von Unterdrückung.
  • Narzissmus
    Ein Persönlichkeitsmuster, das sich durch übermäßige Ich-Bezogenheit, mangelnde Empathie und das Bedürfnis nach Bestätigung auszeichnet. Im Kontext von Weißsein zeigt sich Narzissmus darin, dass Weiße oft erwarten, für minimale „antirassistische“ Gesten Anerkennung zu bekommen, während sie gleichzeitig die Stimmen von Betroffenen ignorieren.

5 Beispiele für weißes Selbstzentrieren in Rassismus-Diskursen

  1. Defensives Abwehren
    „Aber ich bin doch kein Rassist.“
    Statt zuzuhören, geht es sofort um die eigene Selbstwahrnehmung.
  2. Emotionaler Pivot
    Tränen, Schuldgefühle oder „Überforderung“ werden in den Vordergrund gestellt, sodass die Aufmerksamkeit von strukturellem Rassismus auf das weiße Unwohlsein verschoben wird.
  3. Anekdotische Ausnahme
    „Ich habe einen schwarzen Freund, also kann ich nicht rassistisch sein.“
    Der Fokus liegt wieder auf dem Ich, nicht auf systemischen Mustern.
  4. Sprachliche Kontrolle
    Betroffene werden korrigiert: „So kannst du das nicht sagen, das ist zu hart.“
    Weiße Befindlichkeiten regulieren, was gesagt werden darf.
  5. Relativierung
    „Rassismus gibt es überall.“
    Strukturelle Gewalt im weißen Kontext wird auf globale Allgemeinplätze verschoben.

5 Strategien für weiße Menschen, um Selbstzentrierung zu überwinden

  1. Aktives Zuhören statt Verteidigen
    Nicht sofort reagieren. Erst verstehen, dann sprechen.
  2. Kollektives Denken üben
    Erkennen, dass Rassismus nicht um mich als Individuum, sondern um Systeme und Strukturen geht.
  3. Gefühle reflektieren, nicht ausagieren
    Schuld, Scham oder Tränen sind kein Beitrag zum Diskurs. Sie können im eigenen weißen Reflexionsraum bearbeitet werden, nicht im Gespräch mit Betroffenen.
  4. Macht teilen
    Räume öffnen, in denen BIPoC ihre Erfahrungen ohne Unterbrechung oder Belehrung teilen können.
  5. Verantwortung übernehmen
    Privilegien erkennen und benennen. Fragen: „Welche Vorteile habe ich durch dieses System?“ und „Wie kann ich aktiv daran arbeiten, es zu verändern?“

Individuelles Denken, Selbstzentrierung und narzisstische Abwehr sind keine „Zufälle“, sondern koloniale Erbstücke. Sie sorgen dafür, dass rassistische Strukturen stabil bleiben. Wer es ernst meint mit Antirassismus, muss diese Muster nicht nur bei anderen, sondern auch bei sich selbst erkennen und durchbrechen.

Antirassismus beginnt dort, wo das „Ich“ zurücktritt – und das „Wir“ in den Vordergrund rückt.

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